Gelegentlich werde ich gefragt, wie lange man sinnvollerweise IT-Equipment in Betrieb hält.
IT-Equipment altert in der Regel kaufmännisch und nicht technisch. Heißt: nach drei bis fünf Jahren – je nach Hersteller und abgeschlossenem Wartungsvertrag bei Hardwarekauf – wird der Wartungsvertrag für die Hardware so teuer, dass es billiger ist, etwas Neues zu kaufen. Der erforderliche Migrationsaufwand wird dabei häufig nicht berücksichtigt oder schön geredet bzw. schön gerechnet. Ist ja auch meist eine andere Kostenstelle beziehungsweise ein anderer Geldtopf.
Warum ist das so? Der Hersteller kann oder will nicht ewig lang Ersatzteile vorhalten und kann oder will es sich auch nicht leisten, qualifizierte Techniker mit altem Kram zu belasten. Außerdem hat der Hersteller ein Interesse daran, neue Hardware zu verkaufen, damit verdient er schließlich sein Geld.
Alte Hardware wird entweder ohne Wartungsvertrag beim Kunden weiter betrieben, beispielsweise für Testumgebungen, oder verschrottet. Häufig nehmen Hersteller alte Hardware auch in Zahlung oder lösen sie gegen gute Preisnachlässe ab. Der Preisnachlass wird häufig umso größer, je mehr alte Hardware des Mitbewerbers man los werden will. Hersteller lassen sich größere Anteile am IT-Kuchen nämlich durchaus was kosten.
Kein Hersteller hat Interesse, dass seine alte Hardware in einem von ihm unkontrollierten Gebraucht-Kreislauf landet. Daran verdient er ja nichts. Viele Hersteller betreiben deshalb auch selbst Geschäft mit sogenannten refurbished Geräten bzw. Einzelkomponenten. Diese sind dann meistens generalüberholt, ggf. repariert, getestet und werden mit entsprechender Garantie verkauft. Für jemanden, der aus Gründen noch alte Hardware betreiben muss, ist das häufig eine sinnvolle Möglichkeit, an Ersatzteile zu kommen, wenn der Wartungsvertrag schon längst abgelaufen ist. Auch für Hersteller ist das oft ein Weg, Ersatzteile für besonders alte Geräte vorzuhalten, für die Kunden noch Wartungsverträge laufen haben. Besonders lange in Betrieb sind häufig Industriesteuerungen oder auch Equipment im militärischen Einsatz.
Die Möglichkeit, beim Kauf auf einen Wartungsvertrag zu verzichten und sich statt dessen mit ausreichend Ersatzteilen einzudecken, machen nach meiner Erfahrung nur sehr wenige Kunden. In den meisten Fällen ist auch davon abzuraten, weil kaum jemand geeignete Lagerbedingungen für Ersatzteile hat. Die Lager von Festplatten können beispielsweise im Ersatzteil-Schrank festkleben, weil das Fett darin altert. Dann nimmt man eine drei Jahre alte aber noch nagelneue Festplatte aus dem Regal und wundert sich, dass sie nicht anläuft. Hersteller betreiben Ersatzteillager unter klimatisch optimalen Bedingungen bzw. liefern eine neuere, aber für das entsprechende System getestete, zertifizierte und freigegebene Komponente als Ersatzteil.
Schließlich ist der wirtschaftliche Gewinn aus dem Handel und Recycling mit Schrott nicht zu unterschätzen. Für große Hersteller mit entsprechendem Hardware-Durchsatz kann der Handel mit Schrott finanziell durchaus interessant sein, finden sich in quasi allen Systemen doch irgendwo Edelmetalle und seltene Erden in elektronischen Bauteilen. Noch rentabler kann es sein, wenn der Hersteller gleich selbst recycled und erst die wieder gewonnenen Rohstoffe zu Geld macht.
Gibt es techische Gründe, alle paar Jahre die Hardware zu tauschen?
Aus meiner Sicht nein. Leistungssteigerung gibt es seit ein paar Jahren kaum mehr. Die Drehzahl von Festplatten stagniert seit etlichen Jahren bei 10.000 RPM, die maximale Taktfrequenz von handelsüblichen CPUs (Intel-kompatibel) hat seit zwei Jahren ihr Maximum in der Gegend um 3 GHz.
Leistungssteigerungen gibt es bei CPUs durch mehr und mehr Kerne, das muss aber Betriebssystem und Anwendung mitmachen. Hier sind noch längst nicht alle Softwarepakete und Betriebssystem optimiert. An dieser Stelle wird, meiner Meinung nach, in den nächsten Jahren am Meisten passieren. Nicht jedes Problem eignet sich allerdings dafür, auf viele Cores verteilt, be- oder verarbeitet zu werden.
Bei Festplatten gibt es seit ein paar Jahren Flash-Disks bzw. SSDs. Sie beeindrucken mit erstaunlicher Performance, aber sie sind kein Garant für eine Steigerung der Leistung des Gesamtsystems. Wieviel eine SSD bringt und an welcher Stelle sie optimal im I/O-Subsystem eingesetzt wird, hängt stark von der Anwendung ab.
Das Geschäft mit IT-Hardware ist eigentlich ein ziemlich schmutziges. Das mit Software je nach Blickwinkel auch. Open Source macht es häufig ein kleines bisschen sauberer.
Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog der sys4 AG.